Gefallene Giganten im Favoritencheck
Am Freitagabend startet die 2. Bundesliga in die neue Saison – und das mit sehr großen Namen: HSV, 1. FC Köln, FC Schalke 04, Hertha BSC, Hannover sind nur einige. Fußball-Romantiker dürften mit den Ohren schlackern. Schon zum Auftakt treffen ein sechsmaliger und dreimaliger Deutscher Meister aufeinander. An einigen Wochenenden dürften die Zuschauerzahlen die des Oberhauses übersteigen.
Wir nehmen die Teams mit den wohl größten Aufstiegsambitionen unter die Lupe.
1. FC Köln: Trotz Transfersperre direkt zurück?
Et hättt noch immer jot jejange? Der große Ausverkauf beim Effzeh ist nach der dramatisch-unglücklichen Vorsaison ausgeblieben. Zwar sind Stammkräfte wie Jeff Chabot (VfB Stuttgart) und Davie Selke (Hamburger SV) gegangen. Andere wie Timo Hübers, Luca Waldschmidt oder Florian Kainz trotz möglicher Ausstiegsklauseln aber geblieben. Unter dem neuen Trainer Gerhad Struber (kam aus dem RB-Kosmos) muss der Klub wieder neue Offensivstärke und Torgefahr kreieren. Für Tore sollen Youngster Damion Downs, Routinier Mark Uth und Rückkehrer Tim Lemperle sorgen.
Die neue Nummer eins ist Jonas Urbig (wie Lemperle Leih-Rückkehrer aus Fürth). Außenverteidiger Max Finkgräfe und Ex-Kapitän Kainz fallen zum Saisonstart noch verletzungsbedingt aus.
Weiteres Problem: Erst im Winter können die Kölner wegen anhaltender Transfersperre wieder auf dem Transfermarkt agieren. Die Ansprüche sind dennoch hoch: Binnen zwei Jahre soll der Aufstieg her. Bestenfalls schon in dieser Saison.
- Wichtigste Zugänge: Tim Lemperle, Jonas Urbig (beide zurück von Leihe zu Greuther Fürth)
- Wichtigste Abgänge: Jeff Chabot, Justin Diehl (beide VfB Stuttgart), Davie Selke (Hamburger SV), Benno Schmitz (Grasshopper Zürich)
- Letztes Testspiel: 3:2 gegen Udinese Calcio
- Auftaktprogramm: Zum Start gibt es direkt den Kracher gegen den HSV, danach geht es nach Elversberg, gegen Braunschweig, Schalke und Magdeburg.
Hamburger SV: Neue Hoffnung im Norden
Inzwischen ist der Ex-Bundesliga-Dino auch Zweitliga-Dinolein. Kein anderes Team spielt aktuell länger am Stück in der 2. Liga. Der HSV startet nun den siebten Versuch, ins Oberhaus zurückzukehren. Bisher scheiterten die Hanseaten stets denkbar knapp.
Angeführt vom neuen Sportchef Stefan Kuntz (ersetzte Jonas Boldt) und Trainer Steffen Baumgart (übernahm im Februar für Tim Walter) soll diesmal wirklich der große Wurf gelingen. Nach einer ersten ganzen Vorbereitung unter dem Ex-Kölner Baumgart ist die Hoffnung groß, dass der Coach den Rothosen seine Spielweise einimpfen kann.
Allerdings: Auch unter dem neuen Trainer ging es im vergangenen Frühjahr nicht voran, wie fast schon gewohnt fehlten dem HSV im Endspurt die Kräfte und Ergebnisse.
Großes Thema im Sommer war die Verpflichtung von Davie Selke aus Köln. Der Angreifer ist nicht unumstritten, soll die Rolle als zweiter Stürmer neben Robert Glatzel, der trotz einiger Angebote blieb, einnehmen. Schwer wiegt der Abgang von Universalwaffe Laszlo Benes (13 Tore und 12 Assists), den es zu Union Berlin verschlagen hat.
- Wichtigste Zugänge: Davie Selke (1. FC Köln), Daniel Elfadli (Magdeburg)
- Wichtigste Abgänge: Laszlo Benes (Union Berlin)
- Letztes Testspiel: 0:0 gegen Aris Limassol
- Das Auftaktprogramm hat es in sich: Nach dem Gigantentreffen in Köln geht es gegen die weiteren Aufstiegsaspiranten Hertha und Hannover, dann gegen die Aufsteiger Münster und Jahn Regensburg.
FC Schalke 04: Endlich wieder oben mitspielen
Eines ist auf Schalke klar: Eine Saison wie im vergangenen Jahr soll es nicht mehr geben. Damals vergeigten die Königsblauen den Auftakt in der 2. Bundesliga massiv und rutschten sogar unten in den Tabellenkeller, verhinderten mit aller Kraft gerade so den freien Fall in die Drittklassigkeit.
Sportdirektor Marc Wilmots und Kaderplaner Ben Manga versuchten und versuchen im Sommer frischen Wind in den Kader zu bringen, haben einen weiteren Umbruch eingeläutet. Auf der Trainerbank darf der Belgier Karel Geraerts vorerst weitermachen.
Mit Ron-Thorben Hoffmann (Braunschweig) holten die Kadermacher einen zweitligaerfahrenen Keeper, zudem den Innenverteidiger Felipe Sanchez. Im Angriff verstärken Dänemark-Talent Emil Höjlund und Mussa Sylla das Team. Im Mittelfeld soll der einst in Frankfurt in Ungnade gefallene Amin Younes das Schalke-Spiel gestalten.
Allerdings musste S04 mit Assan Ouedraogo auch ein großes Talent ziehen lassen. In Danny Latza verließ ein Routinier den Klub. Insgesamt elf neue Spieler sind schon da.
Offizielles Ziel der Schalker ist eine Platzierung im oberen Tabellendrittel. Intern geht der Blick vermutlich noch weiter nach oben.
- Wichtigste Zugänge: Moussa Sylla (Pau FC), Felipe Sanchez (Gimnasia), Emil Höjlund (FC Kopenhagen), Amin Younes (vereinslos), Ron-Torben Hoffmann (Braunschweig), Adrian Gantenbein (FC Winterthur)
- Wichtigste Abgänge: Danny Latza (vereinslos), Assan Ouedraogo (RB Leipzig), Keke Topp (Werder Bremen), Cedric Brunner (vereinslos), Simon Terodde (Karriereende)
- Letztes Testspiel: 0:2 gegen Leeds United
- Auftaktprogramm: Zum Start hat Schalke ein Heimspiel gegen Braunschweig, danach geht es gegen Nürnberg, Magdeburg, Köln und Karlsruhe.
Hertha BSC: Neuer Trainer, neues Glück?
Der Hauptstadtklub geht in die zweite Saison seit dem erneuten Abstieg. Neu an der Kommandobrücke ist Trainer Christian Fiél, der einen glatten Fehlstart wie in der vergangenen Saison verhindern will. Damals startete Hertha mit null Punkten aus drei Spielen, stabilisierte sich erst anschließend und beendete die Zweitliga-Saison auf Rang neun.
Fiél setzt auf eine offensivere Spielweise als Vorgänger Pál Dárdai und lässt sein Team im 4-3-3-System auflaufen. Die Stimmung ist im Team nach Bekunden von Fiél bestens. Der verstärkte Kader lässt im Berliner Westend neue Hoffnung auf eine Bundesliga-Rückkehr keimen.
Top-Spieler und Top-Scorer Haris Tabakovic und Fabian Reese wurden gehalten, dürften aber noch bis zum Ende der Transferperiode (30. August) bei einigen anderen Bundesliga-Klubs auf dem Zettel stehen. Ausgang offen. Reese fällt mit einer Sprunggelenksverletzung zunächst aber aus.
Die "Alte Dame" liebäugelt 2024/25 mit dem Wiederaufstieg, auch wenn man in der vergangenen Saison nur selten auf Tuchfühlung mit der Spitzengruppe war.
Tabakovic dämpft allzu hohe Aufstiegs-Ansprüche ab: "Erwarten darf man ihn nicht. Die 2. Liga ist sehr, sehr hart. Sieben, acht Klubs wollen hoch. Aber für mich gehört Hertha in die 1. Liga. Dieses innere Gefühl, dieser Anspruch treibt mich an. Wir müssen vom ersten Tag an bereit sein“, sagte er dem "kicker".
- Wichtigste Zugänge: Luca Schuler (Magdeburg) Kevin Sessa (Heidenheim), Diego Demme (Neapel), Michael Cuisance (Venezia FC)
- Wichtigste Abgänge: Bence Dardai (Wolfsburg), Petr Pekarik (vereinslos)
- Letztes Testspiel: 1:1 gegen Cardiff City
- Auftaktprogramm: Der Saisonauftakt steigt im heimischen Olympiastadion gegen den SC Paderborn. Anschließend gegen direkten Konkurrenten HSV, dann gegen Regensburg, Kaiserslautern und Düsseldorf.
Fortuna Düsseldorf: Neuer Anlauf nach Relegationstrauma
Der Traditionsklub aus Nordrhein-Westfalen verpasste in der vergangenen Saison mit brutaler Dramatik den Aufstieg. Nach einem furiosen 3:0 im Hinspiel gegen den VfL Bochum setzte es im heimischen Stadion ein noch furioseres 0:3 samt anschließender Pleite im Elfmeterschießen.
Die große Frage vor dem Zweitligastart: Wie gut hat Fortuna diesen dramatischen K.o. weggesteckt?
Coach Daniel Thioune geht in seine vierte Saison mit den Düsseldorfern. Nach Platz vier und dem Relegationsrang in den Vorjahren soll es diesmal für den Aufstieg reichen. Was Hoffnung macht: Der Trainer hat schon bewiesen, dass er Mannschaft und Spieler weiterentwickeln kann. Auch in diesem Jahr?
Die größte Herausforderung wird es sein, den Torschützenkönig der Liga zu ersetzen. Christos Tzolis (22 Tore) kehrte F95 den Rücken und wechselte zum FC Brügge. Auch Durchstarter Yannik Engelhardt wird den Klub wohl noch Richtung Serie A verlassen.
Ansonsten hielten die Düsseldorfer den Kader aus der Vorsaison weitgehend beisammen. Isak Johannesson wechselte nach seiner Leihe vom FC Kopenhagen fest an den Rhein. Weitere Verstärkungen sollen noch bis zur Schließung des Transferfensters folgen.
Als Tzolis-Ersatz wurde Tim Rossmann vom KSC geholt.
Sportchef Klaus Allofs bekräftigte, dass man aufsteigen wolle, beschwor allerdings auch Geduld im Rennen ums Oberhaus.
- Wichtigste Abgänge: Christos Tzolis (Brügge)
- Wichtigste Zugänge: Tim Rossmann (Karlsruhe) Noah Mbamba (Leverkusen), Dzenan Pejcinovic (Wolfsburg)
- Letztes Testspiel: 2:1 gegen Ipswich Town
- Auftaktprogramm: Zum Start trifft Fortuna auf Bundesliga-Absteiger Darmstadt, danach geht es gegen den KSC, dann gegen Ulm, Hannover und Hertha.
Hannover 96: Was geht am Maschsee?
Aller guten Dinge sind drei? Coach Stefan Leitl geht mit Hannover 96 in die dritte Saison. Ursprünglich war der Plan von Ex-CEO Martin Kind, spätestens am Ende des dritten Jahres aufzusteigen. Das allerdings wird zur Herkulesaufgabe. Und Martin Kind hat inzwischen ganz andere Probleme. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Abberufung des 80-Jährigen als Geschäftsführer rechtens ist.
Auch Hannover ist umtriebig auf dem Transfermarkt. Zehn Profis verließen den Klub, der in der vergangenen Saison auf Platz sechs landete - darunter die Offensivkräfte Cedric Teuchert und Louis Schaub sowie Innenverteidiger Bright Arrey-Mbi.
Auf der Habenseite sieht es dafür noch eher dürftig aus. Josh Knight kam für die Defensive, kämpfte aber noch mit Verletzungsproblemen. Weitere Zugänge sind Linksaußen Jannik Rochelt sowie Jessic Ngankam und Bayern-Talent Lee Hyuun-Ju (Leihe) für die Offensive.
"Unser aller Wunsch wäre es, uns den Traum zu erfüllen und noch einen Tick weiter oben zu spielen. Das kann man nicht planen. Aber wir werden alles dran setzen und alles investieren", sagte Kapitän und Keeper Ron-Robert Zieler zur Zielsetzung der Hannoveraner.
- Wichtigste Zugänge: Jessic Ngankam (Frankfurt/Leihe), Jannik Rochelt (Elversberg), Josh Knight (Peterborough United)
- Wichtigste Abgänge: Bright Arrey-Mbi (Braga), Cedric Teuchert (St. Louis), Louis Schaub (Rapid Wien)
- Letztes Testspiel: 3:2 gegen VfL Wolfsburg
- Auftaktprogramm: Zunächst trifft Hannover auf die Aufsteiger Regensburg und Münster, dann geht es gegen die Großkaliber Hamburger SV, Fortuna Düsseldorf und den 1. FC Kaiserslautern.
Emmanuel Schneider