23.09.2013 13:12 Uhr

David Odonkor: Ein Sprint, eine Flanke - ein Held

Beim WM-Spiel gegen Polen ging der Stern des David Odonkor (M.) auf
Beim WM-Spiel gegen Polen ging der Stern des David Odonkor (M.) auf

Eine einzige Szene hat ihn im Sommer 2006 für kurze Zeit zum Helden werden lassen. Doch wegen vieler Verletzungen hat David Odonkor nun seine Laufbahn beendet. weltfussball blickt zurück auf eine kurze und dennoch besondere Karriere.

Es läuft die 90. Minute, das zweite Vorrundenspiel der deutschen Mannschaft bei der WM 2006 im eigenen Land. Das magere 0:0 gegen Polen scheint nicht mehr abwendbar. Die gut in die Heim-WM gestartete deutsche Mannschaft steht kurz vor ihrem ersten Dämpfer. Chancen im Minutentakt – doch immer wieder Artur Boruc, der polnische Keeper.

Dann spielt Bernd Schneider auf der rechten Seite einen halbhohen Pass auf jenen Mann, dessen Nominierung nicht wenige mit hämischen Kommentaren bedacht hatten: David Odonkor. Der Dortmunder erläuft das Zuspiel und bringt den Ball ohne langes Zögern an den Fünfmeterraum. Dort steht Oliver Neuville und markiert aus kurzer Distanz den Siegtreffer.

Was folgt, ist grenzenloser Jubel im ausverkauften Dortmunder Westfalenstadion. Es ist der Startpunkt für die große Euphorie des deutschen Sommermärchens, an dessen Ende der dritte Platz für Deutschland steht.

>> Alle Spiele der WM 2006 im Überblick

Wechsel nach Spanien

Im weiteren Turnier ist Odonkor unauffällig. Doch alleine mit seinem Auftritt gegen die Polen hat das sprintstarke Kraftpaket Eindruck hinterlassen. Wenige Wochen nach der WM gibt Borussia Dortmund den Transfer des Mittelfeldspielers zu Betis Sevilla bekannt, den Andalusiern sind die Dienste Odonkors knapp sechs Millionen Euro wert. Viel Geld für einen Spieler, dessen Tauglichkeit selbst beim BVB nicht wenige anzweifelten.

Dass er diese in der Folge in Spanien nur in Ansätzen unter Beweis stellen kann, liegt vor allem am großen Verletzungspech des gebürtigen Bündeners.

Großes Verletzungspech

Ein Korpelschaden und immer wiederkehrende Knieprobleme sorgen dafür, dass Odonkor während seiner fünf Jahre bei Betis nur ganze 40 Ligaspiele absolvieren kann. Zwar gehört Odonkor auch im Jahr 2008 noch zur Nationalmannschaft und darf sogar mit zur EM fahren, doch beginnt der Stern des ehemaligen Shootingstars zu sinken.

Es folgen weitere Seuchenjahre mit erneuten Verletzungsproblemen und wenig Spielzeit. Als sein Fünfjahresvertrag im Sommer 2011 schließlich endet, steht David Odonkor ohne Verein da. Nach einer längeren Reha absolviert er ein Probetraining bei den Glasgow Rangers, doch nehmen die Schotten aus Sorge über seine Verletzungsanfälligkeit schnell Abstand von einer Verpflichtung.

Comeback-Versuch in Aachen und der Ukraine

Im September 2011 scheint es zunächst wieder etwas bergauf zu gehen mit Odonkor, der damalige Zweitligist Alemannia Aachen verpflichtet ihn bis zum Saisonende. Und tatsächlich kommt der trotz großer Gesundheitsprobleme immer noch schnelle Flügelspieler auf insgesamt 23 Einsätze und immerhin zwei Treffer für die Aachener. Als am Ende der Spielzeit der Abstieg der Elf vom Tivoli feststeht, bedeutet dies jedoch auch den Abschied David Odonkors.

Dessen Weg führt schließlich in den Osten Europas. Ein Verein namens FC Hoverla-Zakarpattya Uzhgorod, Aufsteiger in die höchste ukrainische Spielklasse, nimmt Odonkor für eine Saison unter Vertrag. Erstligafußball zwar, doch scheinen die Augenblicke der WM 2006 zu diesem Zeitpunkt Lichtjahre entfernt zu sein.

>> Alle Vereinsspiele von David Odonkor im Überblick

Kapitulation vor dem Körper

Nachdem das Verletzungspech ihm auch in der Ukraine treu geblieben ist, gab David Odonkor vor einigen Tagen offiziell das Ende seiner sportlichen Laufbahn bekannt. Der als Laufwunder bekannt gewordene Flügelspieler muss vor seinem eigenen Körper kapitulieren, zukünftig will er als Trainer arbeiten. 

Beendet wird damit eine äußerst kurze Karriere, die von vielen Tiefen geprägt war, doch deren kurzer Höhepunkt umso besonderer war. Durch einen einzigen Sprint und eine punktgenaue Flanke sorgte David Odonkor für den aus deutscher Sicht emotionalsten Moment der WM 2006, der als Initialzündung für den weiteren Turnierverlauf gelten darf, und für das, was später als das Sommermärchen bezeichnen werden sollte.

 

Julian Bischoff