05.03.2025 15:14 Uhr

Bayer-Bammel - Der FC Bayern hat die Hosen voll

Xabi Alonso und Bayerns Joshua Kimmich - hier nach dem Sieg der Leverkusener im Pokal in München
Xabi Alonso und Bayerns Joshua Kimmich - hier nach dem Sieg der Leverkusener im Pokal in München

Mia san mia! Unangreifbar, unerschütterlich, unantastbar! Vor dem Champions-League-Knaller gegen Bayer Leverkusen bemüht der FC Bayern angestrengt sein Klub-Credo. Dumm nur, dass Leverkusens Trainer(-schreck) Xabi Alonso Baske ist. Und der Baske trinkt nicht nur schweren, köstlichen Rotwein, er sagt auch "Egia da latz eta garratz" - die Wahrheit ist bitter und unangenehm. Fazit also gleich direkt: Bayern hat Bayer-Bammel. Und jetzt der Text.

"Nach zehn Minuten habe ich gewusst: Same procedure as every year. Die Leverkusener haben so gespielt wie immer, wenn sie zu uns kommen: Sie hatten die Hosen voll."

Gesagt hat diesen vor Hohn und Spott wie eine angepiekste Bratwurst triefenden Satz Uli Hoeneß. Es war der 3. Februar 2002 und die Bayern hatten Bayer Leverkusen in der Bundesliga eben souverän mit 2:0 vom Rasen des Olympiastadions gefiedelt.

Hoeneß beschrieb eine Gesetzmäßigkeit jener Zeit. Wann immer die Werkself aus dem Rheinland in München antanzte, gab es vom Rekordmeister auf die Mütze. Ob der Leverkusener Trainer Daum oder Toppmöller hieß, ob sie Ulf Kirsten oder Ze Roberto auf dem Feld hatten, war wurscht. Bayern grillte Bayer – und Wurstpatron Hoeneß genoss es.

FC Bayern gegen Alonsos Leverkusen sieglos

Die Kohle ist verglüht. 23 Jahre später sind die Vorzeichen vor dem deutschen Achtelfinal-Duell in der Champions League ganz andere. Der große FC Bayern wartet im direkten Vergleich seit sechs Spielen auf einen Sieg gegen Bayer Leverkusen. Seit Xabi Alonso unterm Bayer-Kreuz das Sagen hat, gab es für die Münchner gegen Leverkusen nichts zu holen.

In der Vorsaison setzte es in der BayArena eine meisterschaftsvorentscheidende 0:3-Klatsche. Im diesjährigen DFB-Pokal ließ der Schalen-Inhaber den Kompany-Express auf der im FCB-Navi fest programmierten Route nach Berlin entgleisen: 0:1. Manuel Neuer sah Rot und brach sich auch noch die Rippen – ein Symbolbild.

Und dann hängt den Bayern natürlich noch dieses Spiel vor ein paar Wochen im Liga-Topspiel in Leverkusen in den Köpfen. Es muss ihnen in den Köpfen hängen.

Denn so wie an diesem Samstagabend in Leverkusen war eine Mannschaft des FC Bayern in der Bundesliga noch nie an die Wand gespielt worden.

Die Alonso-Elf zerpresste das Selbstverständnis der Gäste, spielerisch und offensiv in Deutschland jedem überlegen zu sein. So wie baskische Füße rote Trauben zerstampfen, die zu Wein gären. Nicht eine Torchance hatten die Bayern. Das Spiel glich einer Demütigung. Einzig das Toreschießen vergaßen die Leverkusener.

Außenseiterrolle trifft den FC Bayern empfindlich

Xabi Alonso, als ehemals majestätischer Real- und Bayern-Stratege mit einer Überdosis Mia-san-Mia geimpft, stellt mit seiner spielfreudigen Mannschaft um Zauberfuß Florian Wirtz den Alleinvertretungsanspruch der Münchner nach deutscher Fußball-Hoheit infrage.

Dass nicht wenige Experten angesichts des letzten Eindrucks in Bayer Leverkusen den Favoriten für den Schlagabtausch auf Königsklassen-Bühne sehen, ist bemerkenswert – wann hat es dies bei einem deutschen Duell mit Bayern-Beteiligung zuletzt gegeben? Hat es das überhaupt schon gegeben?


Video: Experte ordnet Kimmich-Hammer beim FC Bayern ein


An der Säbener Straße kommt die Bewunderung für den Rivalen naturgemäß gar nicht gut an. Der FC Bayern ist niemals Außenseiter, betonen die Münchner einträchtig-bemüht. Basta. Mia san mia – und euch, also dem Rest Fußball-Deutschlands, und am besten ganz Europa, zeigen wir's jetzt erst recht.

Allerdings: Die großen Kampfansagen aus München sind vor dem ersten Showdown in der Allianz Arena ausgeblieben. Nicht einmal Uli Hoeneß hat einen rausgehauen. Es wäre wahrscheinlich einfach albern gewesen. Die Leverkusener Hosen sind trocken wie eine über gebliebene Semmel.

FC Bayern wegen Titel dahoam brutal unter Druck

Das nimmermüde und bisweilen merkwürdig-offensive Buhlen der Bayern-Bosse um Leverkusens Künstler Wirtz wirkt fast schon wie ein Versuch, die Themenlage krampfhaft weg vom sportlichen Vergleich mit dem Meister vom Rhein zu lenken. Denn der spricht eben glasklar für Bayer und Alonso.

Gewiss: Der FC Bayern hat viele Topspieler in seinen Reihen: Neuer, Kimmich, Kane – alles Veteranen, die mit Drucksituationen vertraut sind. Was aber ist mit Upamecano, mit Kim, Olise oder auch Wunderjunge Musiala? Halten sie der Last stand, bewahren sie die Ruhe, wenn die Anfangsviertelstunde in die Lederhosen geht?

Über allem schwebt in München der Traum vom Titel dahoam. Der böse Geist von Didier Drogba und dem FC Chelsea soll endlich aus der Allianz Arena gejagt werden. Der 31. Mai ist im FCB-Kalender knallrot angestrichen. Sollte Bayer Leverkusen den Termin ausradieren – es wäre für die Bayern der GAU.

Real Madrid, FC Barcelona, Arsenal, Inter Mailand – ein Ausscheiden gegen die europäischen Kolosse wäre vielleicht noch verschmerzbar. Aber nicht eine Niederlage gegen einen deutschen Klub. Nicht gegen Bayer Leverkusen, der für den Stern des Südens immer ein Pluto war.

"Same procedure as every year" und "Hosen voll"? Von wegen! 2025 haben die Bayern Bammel, nicht Bayer Leverkusen, die können ziemlich befreit aufspielen. Die Wahrheit ist bitter und unangenehm, und die Wahrheit lautet: Leverkusen ist Favorit.

Für Uli Hoeneß bleibt immerhin die Hoffnung, dass in der nächsten Woche ein anderes baskisches Sprichwort gilt. "Alte Sprüche enthalten keine Lügen."