Cacau exklusiv: Meine Hoffnung für den PSG-Hammer
Flutlicht, Königsklasse, Weltklub: Der VfB Stuttgart hofft am Mittwoch (21 Uhr im Live-Ticker bei sport.de) in der Champions League gegen Paris Saint-Germain auf einen magischen Abend. Ex-Nationalstürmer Cacau, der 346 Mal für den VfB auflief, spricht im exklusiven Interview mit sport.de über die Chancen der Schwaben, einen möglichen "Nichtangriffspakt", Spekulationen um Trainer Sebastian Hoeneß und den nächsten Nationalspieler in Reihen des VfB.
sport.de: Den VfB Stuttgart erwartet am Mittwochabend im Showdown der Champions League ein echter Kracher. Wie kann der VfB die Star-Mannschaft von PSG knacken?
Cacau: Indem sie mutig spielen. Ich denke, so wird auch die Marschroute vom Trainer sein. Er wird sicher sagen: Wir müssen das Spiel spielen, das wir in der laufenden Saison zeigen mit viel Ballbesitz, um dieses Momentum zu haben und dann möglichst auch zu gewinnen und nicht nur auf Sicherheit zu spielen.
Was erwarten Sie von der Atmosphäre im Stadion?
Es wird sehr, sehr laut. Davon kann man ausgehen. Das Spiel wird wie die vergangenen Partien ausverkauft sein. Jeder wartet gespannt auf das Spiel. Hier wird über nichts anderes gesprochen.
Vor der Partie war schon viel die Rede von einem möglichen "Nichtangriffspakt" oder gar "Schande von Stuttgart", weil beiden Teams mit großer Wahrscheinlichkeit ein Remis zum Weiterkommen reicht. Glauben Sie, so etwas ist ein Thema im Team?
Nein, das glaube ich nicht. Man kennt den Trainer. Er wird sich da nicht drauf einlassen. Es wird ein offenes Spiel sein. Selbstverständlich wird man versuchen, keine Tore zu bekommen. Ich bin zu hundert Prozent davon überzeugt, dass es kein abgekartetes Spiel wird und davon keine Rede sein wird. Paris hat auch viel zu verlieren, auch sie werden versuchen, das Spiel zu gewinnen.
Recht es für den VfB zum Weiterkommen?
Ich glaube schon. Die Chance ist da. Was ich mir erhoffe ist, dass sie nicht zu respektvoll sind. Sondern, dass sie alles reinhauen. Die Spieler wollen sich auf diesem Niveau mit dieser Weltmannschaft messen. Ich denke, der VfB kommt weiter.
Ihr Tipp?
Ich tippe auf einen 2:1-Sieg.
"Alles daran setzen, Hoeneß zu halten"
Wie froh waren Sie eigentlich, dass 14 Jahre nach ihrem letzten Champions-League-Treffer dem VfB wieder ein Tor in der Königsklasse gelungen ist und sie abgelöst wurden?
Es war oft die Rede davon, dass ich das letzte Tor für den VfB in der Champions League geschossen habe. Ich habe immer geantwortet: Es ist eine Marke, die ich gerne abgebe. Ich wollte sie auf keinen Fall behalten. Ich war sehr froh, als Deniz Undav in Madrid getroffen hat. Da war mein Tor dann schon Geschichte und danach hat Enzo Millot im Heimspiel getroffen. Es ist in guten Händen.
Stichwort Millot. Er ist einer der wichtigsten Spieler und sehr umworben. Glauben Sie, der VfB kann ihn über den Sommer hinaus halten?
Er ist einer der Spieler, die eine super Entwicklung genommen haben wie auch Angelo Stiller. Dadurch, dass VfB super performt auch in der Champions League und ein mehr als gutes Bild abgibt, werden die Spieler umworben. Das spricht erstmal für den VfB. Ob man diese Spieler halten kann, hängt von vielen Faktoren ab. Bei Enzo gibt es wohl eine Ausstiegsklausel. Dann ist die Frage, wie der Spieler sich hier fühlt. Wenn er gehen will, kann das Team wenig machen.
Es war aber auch schon eine Leistung, mit solchen Spielern damals zu verlängern. Ich wünsche es mir, dass er bleibt. Der VfB gehört zu den Teams, wo die Spieler den nächsten Schritt machen können.
Einen großen Anteil daran hat Sebastian Hoeneß. Auch er ist sehr gefragt. Immer wieder werden Leverkusen und Leipzig als Interessenten genannt. Was muss der VfB machen, um ihn zu halten?
Ich glaube, sie sind gerade schon dabei, alles zu tun. Ich würde alles daran setzen, ihn zu halten. Er ist der Erfolgsfaktor für den Verein. Er hat die Spieler besser gemacht und er macht sie nach wie vor besser. Es ist wichtig, ihm ein Projekt vorzulegen, wo er mitreden will, mitwachsen darf und dass er dieses dann mitgestaltet, damit die Erfolgszeit anhält.
Vor vielen Jahren hat Christian Heidel gesagt: Die wichtigste Person im Verein ist der Trainer. Der VfB darf sich freuen, Sebastian Hoeneß zu haben.
"Da ist noch Luft nach oben"
In der Wintertransferperiode hat der VfB bislang in Jacob Bruun Larsen einen Offensivmann verpflichtet. Sollte das Team noch jemanden für die Defensive holen?
Schwer zu sagen. Der VfB hat sozusagen einen Neuzugang mit Ameen Al-Dakhil, der nach seiner Verletzung zurück ist. Aus meiner Sicht hat er einige gute Spiele gemacht. Ob man in der Verteidigung nochmal etwas in Angriff nimmt, wird man sehen. Ich denke, wenn ein Zugang nicht eine sofortige Verstärkung ist, würde ich es lassen.
Vor der Saison war der Sturm in Stuttgart ein großes Thema. In Deniz Undav und Ermedin Demirovic hat der Klub gleich zwei Mal Rekordablösen bezahlt. Wie schätzen Sie die beiden ein und ist das Duo besser als Sie damals und Mario Gomez?
(lacht) Wir sind zusammen Meister geworden. Diesen Titel möchte ich behalten. So weit würde ich noch nicht gehen.
Es sind zwei Topspieler. Zu Undav muss man eigentlich nichts mehr sagen. Er ist vielleicht nach seiner Verletzung noch nicht da, wo er schon war. Er ist unglaublich wichtig für das Team. Nicht nur als Torjäger, auch als Vorlagengeber.
Bei Demirovic glaube ich, dass auch er die Erwartung an sich hat, häufiger zu treffen. Zuletzt auch häufiger zu spielen, um die Qualität als Torjäger zu zeigen. Das ist zu einem Duell mit Nick Woltemade geworden, vor der Saison war das für viele nicht absehbar. Bei der Häufigkeit an Toren ist noch Luft nach oben.
Woltemade für Deutschland? "Seine Zeit wird kommen"
Sie haben Woltemade angesprochen, wird er der nächste VfB-Nationalspieler?
Ich glaube, alle die in Frage kommen, sind schon im DFB-Team. Insofern: auf jeden Fall. Er hat eine Top-Entwicklung genommen. In den vergangenen Monaten ist er immer besser geworden. Technisch auf einem hohen Niveau, obwohl er so groß ist. Das erwartet man so nicht. Teilweise macht er wunderschöne Tore. Ich glaube schon, dass er das Zeug hat. Er ist jung und schon U21-Nationalspieler. Er wird im engsten Kreis für die Nationalelf sein, wenn er die Leistungen bestätigt. Dann wird seine Zeit kommen. Auch weil Deutschland nicht so viel Auswahl auf dieser Position hat.
Welchen Stürmer sehen Sie im DFB-Team aktuell am stärksten?
Niclas Füllkrug hat sich schwer verletzt und scheidet leider erstmal aus. Ich hätte ihn erstmal gewählt als echt Nummer 9 vorne. Da der DFB guten Fußball pflegt, wäre ich nicht abgeneigt, Undav vorne reinzustellen. Wenn man eine "echte" Nummer 9 will, bleibt noch Kleindienst, der für die Mannschaft alles gibt.
Würde Sie beide vorne reinstellen?
Nicht beide zusammen, dafür ist das Mittelfeld viel zu stark. Wenn man einen spielerischen Stürmer will, dann eher Undav. Setzt man auf eine reine Nummer 9, dann Kleindienst.
"Wieder Qualität und Mentalität im DFB-Team"
Aufgrund der Verletzung von Marc-André ter Stegen kämpft auch Alexander Nübel um den Posten als Nummer eins im deutschen Tor. Kann er auch mittelfristig Richtung WM ein Wörtchen mitreden?
Ja es kommt drauf an, wie stark ter Stegen zurückkommt. In der Konstellation jetzt glaube ich, dass Nübel gute Chancen hat, die kommenden Partien zu spielen. Letztes Jahr hat überragend gehalten.
Das DFB-Team hat zuletzt wieder einen Boom erlebt, auch die EM in Deutschland hat da sicherlich geholfen. Wie blicken Sie auf Nations-League-Turnier - ist Deutschland ein Favorit auf diesen Titel?
Ich kann beim besten Willen die Nations League nicht als großes Turnier sehen. Für mich sind das eher bessere Freundschaftsspiele, weil man sie ernster nimmt.
Ich finde es wichtig, gute Leistungen zeigen, dass sich eine Mannschaft findet, die dann die WM spielen kann. Schon die EM hat gezeigt, dass Qualität da ist und wieder Mentalität in Team ist. Für mich ist es wichtiger, dass die Mannschaft funktioniert und nicht, dass sie unbedingt die Nations League gewinnt.
Wenn Sie Stand heute tippen müssten: Wie viele VfB-Spieler sind bei der WM 2026 dabei?
Alle, die es jetzt schon sind! Und auch berechtigt – Nübel, Chris Führich, Maximilian Mittelstädt, Stiller, Undav und auch Woltemade!
Man hat auch früher gute Erfahrungen mit dem Bayern- und BVB-Block gemacht. Man kann jetzt von einem VfB-Block sprechen. Das tut der Nationalmannschaft immer gut.
"Emotionen sind immer dabei"
Der VfB hat zuletzt eine Kooperation mit dem FC Sao Paulo abgeschlossen – was war Ihre Rolle und was versprechen Sie sich davon?
Ich habe die beiden Vereine zusammengebracht. Sao Paulo ist einer der besten Ausbildungsvereine in Brasilien, jetzt vor paar Tagen sind sie dort U20-Meister geworden. Und auch der VfB ist in Deutschland und Europa als guter Ausbildungsverein bekannt.
Ziel ist es, den Mehrwert beider Teams zu verknüpfen, voneinander zu lernen auch von den Trainern durch Workshops und vielleicht auch vorzeitig Talente in Brasilien zu entdecken, die für uns interessant sein können. Vielmehr liegt im Moment der Fokus aber auf Austausch: Unsere U17 und U19 fliegen nach Brasilien und spielen dort ein Turnier, um mal auf einen anderen Spielstil zu treffen, eine andere Kultur kennenzulernen. So etwas ist für die Entwicklung der Spieler wichtig.
Letzte Frage: Im vergangenen Herbst ging ein Jubel von ihnen und anderen VfB-Legenden viral, als sie im Juventus-Stadion den späten Siegtreffer bejubelten und sich verbal mit italienischen Fans anlegten. Sehen wir das am Mittwochabend wieder?
(lacht) Ich hoffe, da sind keine Kameras, keine Handys auf uns gerichtet. Emotionen sind immer dabei. Und ich bin immer voll mit Herzblut dabei. Das wird sich nicht ändern.
Vielen Dank für das Gespräch!