26.01.2025 07:55 Uhr

BVB bekommt "100 Prozent Tullberg", will aber mehr

Im ersten Spiel unter Tullberg spielte der BVB remis
Im ersten Spiel unter Tullberg spielte der BVB remis

Das Zeitspiel in tiefer Krise verkaufte Lars Ricken ganz unaufgeregt. Ja, Mike Tullberg werde auch am Mittwoch gegen Donezk auf der Bank sitzen, verriet der Sport-Geschäftsführer von Borussia Dortmund, "das war vorher schon klar". Der Verein werde seinen Trainer mit Bedacht auswählen - selbst eine Verwalter-Rolle für den U19-Coach bis zum Saisonende ist nicht ausgeschlossen.

Die Saison-Minimalziele geraten außer Reichweite, in der Champions League droht der Umweg über die Playoffs. Dennoch lässt der BVB sich nicht hetzen - nach der Entlassung von Nuri Sahin soll der nächste Schuss sitzen. "Wir müssen alle Hand in Hand intelligente Entscheidungen treffen", betonte Ricken: Für die Interimslösung Tullberg gehe er "erst mal von Donezk aus".

Das 2:2 gegen Werder Bremen, in 70-minütiger Unterzahl, aber eben auch nach einer Zwei-Tore-Führung erspielt, brachte Ricken keine entscheidenden Erkenntnisse. Aber einen Eindruck: "Mike erreicht die Mannschaft emotional. Wir sind mit ihm hervorragend aufgestellt."

BVB "wollte 100 Prozent Mike Tullberg"

Während die Suche läuft, darf sich der Däne erstmals auf großer Bühne präsentieren. Er verzichtet bewusst auf verbale Eigenwerbung, passt ohnehin nicht ins "Beuteschema" eines Trainers von außen mit viel Erfahrung. Aber er kommt an, laut, frisch, unverstellt. Auch deshalb ließ Ricken ihn im Glauben, nur dieses eine Spiel zu haben: "Ich wollte 100 Prozent Mike Tullberg."

Die bekam er. Vom "Messer zwischen den Zähnen" hatte der 39-Jährige vorab gesprochen, und nach dem Spiel? "Wenn es scheiße läuft, läuft es scheiße", sagte Tullberg über die Verletzung von Felix Nmecha (Knie) und die Rote Karte für Nico Schlotterbeck. Nun wolle er seine Kinder in den Arm nehmen.

Den Fußball nennt Tullberg generell die "allerwichtigste Sache unter den unwichtigen". Ein Grund: Vor zwei Monaten ist sein Vater verstorben. Für die Menschen in Dortmund habe der Sport große Strahlkraft, sagte er, warnte aber auch: "Wenn du 24 Stunden für etwas brennst, kannst du k.o. gehen."

BVB muss Gespräche nachholen

"Danish DynaMike" Tullberg versucht energisch, eine feuchte Lunte anzustecken. Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl verschafft er Zeit, Kandidaten auszumachen und diese zu prüfen. Wer passt? Wer wäre eine Dauerlösung? Wer ein Stabilisator? "Es ist schwierig, im Winter einen Trainer zu finden", räumte Kehl ein.

Lange hat der BVB sich gegen den Trend eingeredet, Sahin sei der richtige Mann. Daher sind Ricken zufolge bis zum "Endspiel" beim FC Bologna (1:2) keine tiefergehenden Gespräche mit potenziellen Nachfolgern geführt worden.

Das müssen die Verantwortlichen nachholen, parallel ist Kehl in den letzten Tagen des Transferfensters massiv gefordert. Der BVB wollte seinen Kader sanft umbauen und verbreitern: Bisher wurde nur Donyell Malen an Aston Villa verkauft.

Viel Druck - und wenig Raum für Zeitspiel. Zumal die Fans längst die Führungsetage im Visier haben: Auf einem riesigen Banner der Ultras stand am Samstag eine unmissverständliche Forderung. "Den Elefanten im Raum ansprechen - die Probleme stehen nicht an der Seitenlinie."

Ricken versicherte, er habe sie nicht wahrgenommen.