06.05.2024 18:58 Uhr

Was steckt hinter Eberls "Neue Türen"-Aussage?

Max Eberl sucht einen neuen Trainer für den FC Bayern
Max Eberl sucht einen neuen Trainer für den FC Bayern

Die Trainersuche des FC Bayern droht zur Farce zu verkommen: Reihenweise sagen vermeintliche Kandidaten ab beziehungsweise bekennen sich schlicht zu ihrem derzeitigem Arbeitgeber. Den negativen Höhepunkt stellt der überraschende Korb von Ralf Rangnick dar. Dass sich der Spott noch in Grenzen hält, liegt auch an den rhetorischen Fähigkeiten von Sportvorstand Max Eberl. Bleibt die Frage: Handelt es sich nur um ein verbales Feigenblatt oder steckt mehr dahinter?

"Wenn eine Tür zugeht, ist es im ersten Moment ein Schlag, aber dann schaust du wieder hoch und du siehst, hey, eine andere Tür geht wieder auf", sagte Sportvorstand Max Eberl vom FC Bayern am Samstag im "ZDF" mit Blick auf die Absage von Ralf Rangnick. "Und Türen, die vielleicht vor einigen Tagen und Wochen noch gar nicht vorstellbar waren, sind jetzt offen."

Der für die Nachfolge von Trainer Thomas Tuchel auserkorene Rangnick hatte zuvor verlauten lassen, "mit vollem Herzen österreichischer Teamchef" bleiben zu wollen. Dass der 65-Jährige sein Statement "ausdrücklich" damit verband, "dass das keine Absage an den FC Bayern ist, sondern eine Entscheidung für meine Mannschaft und unsere gemeinsamen Ziele", ließ die Münchner auch nicht in besserem Licht erscheinen.

Wie Eberl die Kehrtwende nach der angeblichen Einigung zwischen Rangnick und dem FC Bayern wegmoderierte, war umso bemerkenswerter.

"Es war am Ende überraschend für uns", man hätte Rangnick "sehr gerne beim FC Bayern gesehen", gab der Manager unverhohlen zu und ergänzte: "Jetzt geht es aber weiter." Man sei "frohen Mutes".

Für die Medien, das sei ihm bewusst, gab Eberl beinahe entschuldigend zu Protokoll, sei es nun natürlich "wieder schwieriger zu spekulieren". Eberls Aussagen in Kurzform: Rangnicks Umdenken ist viel mehr Chance als Problem für den FC Bayern.

Max Eberl nimmt beim FC Bayern Druck vom Kessel

Und Spekulationen ließen selbstredend nicht lange auf sich warten: Selbst über eine Rückkehr von Star-Trainer Pep Guardiola nach München wird seit Eberls Worten diskutiert, zu der es laut dessen Management aber nicht kommen wird.

Dass der 50-Jährige bei genauem Hinhören eigentlich völlig theoretisch blieb, überdeckte die rätselhafte Andeutung brachial. Zu geschickt hatte Eberl den Wunsch nach dem großen Mister X, ja womöglich dem nächsten Trainer von Weltrang beim FC Bayern, geweckt. 

Ob hinter Eberls Andeutungen (aktuell) mehr steckt als ein geschickter Schachzug, bleibt wohl ein Geheimnis.

Auffällig ist auf jeden Fall, dass Eberl am Sonntag bei "Welt TV" darauf Bedacht war, mächtig Druck vom Kessel zu nehmen.

Erklärte er bislang immer, man wolle den neuen Trainer Ende April beziehungsweise "zeitnah" vorstellen, lautet die neue Marschroute bei der Suche: "Am 15. Juli ist Trainingsstart. Da sollte er auf dem Platz stehen." 

FC Bayern nach außen gelassen - und nach innen?

Dass man an der Säbener Straße allerdings wirklich so gelassen ist, darf hinterfragt werden. Schließlich wirkt die im Februar beschlossene Trennung von Tuchel inzwischen überstürzt. 

Die kürzlich erfolgte Verbal-Attacke von Klub-Patron Uli Hoeneß auf den Noch-Coach dürfte die Suche nach einem Nachfolger nicht erleichtert haben.

Letztlich geht es auch speziell für Eberl um jede Menge Prestige. Schließlich ist die Ernennung eines neuen Coaches die erste große Herausforderung des Managers, der die übergroßen Fußstapfen der ewigen Macher Karl-Heinz Rummenigge und Hoeneß ausfüllen soll.

Sollte im Juli nach monatelanger Suche dann kein Trainer auf dem Rasen stehen, der so etwas wie Euphorie weckt, wird man wohl von einem Fehlstart Eberls beim FC Bayern sprechen.

Marc Affeldt