HSV und St. Pauli fiebern epischem Stadtderby entgegen

Das 100. Derby zwischen dem Hamburger SV und dem FC St. Pauli elektrisiert die Hansestadt. Der Druck auf HSV-Trainer Christian Titz ist immens - und auch bei den Sicherheitsbehörden herrscht Alarmstufe eins.
Für die Klubs geht es um ganz viel Prestige, für die Fans um die Vorherrschaft an der Elbe - und für HSV-Trainer Christian Titz womöglich um weit mehr: Hamburg fiebert seinem 100. Stadtderby entgegen.
"Das ist für die Menschen das Spiel des Jahres", sagte Titz. Dass es im Duell zwischen den Rivalen Hamburger SV und FC St. Pauli erstmals nur in der 2. Liga um Punkte geht? Völlig egal!
57.000 Zuschauer werden im seit Wochen ausverkauften Volksparkstadion dabei sein, weitere 15.000 Fans drücken beim Public Viewing im ebenfalls ausverkauften Millerntorstadion auf dem Kiez die Daumen. Die Plätze in den Bars der Stadt sind seit Wochen reserviert.
Titz unter Druck
Der Hype um das Duell am Sonntag ist verständlich, 2783 Tage hat es die Partie zwischen den "Rothosen" und den Kiezkickern nicht mehr gegeben. "Ganz Hamburg wartet auf das Spiel", sagte HSV-Torjäger Pierre-Michel Lasogga, der den Rivalen unbedingt auf Distanz halten will.
Klar ist aber auch: Verliert der HSV wie beim letzten Aufeinandertreffen am 16. Februar 2011, damals übrigens noch in der Bundesliga, zieht St. Pauli in der Tabelle am großen Kontrahenten vorbei - und der zuletzt scharfe Gegenwind für HSV-Coach Titz dürfte weiter auffrischen. Das 0:0 und ein deutlich verbesserter Auftritt in Fürth konnte die Wogen der historischen 0:5-Heimpleite gegen Jahn Regensburg nicht vollständig glätten.
St. Pauli kommt das Derby gerade recht. Noch vor einer Woche mit dem Rücken zur Wand, strotzt der Kiez-Klub nun vor Energie. "Es ist ein gutes Gefühl mit zwei Siegen in solch ein Spiel zu gehen. Jetzt geht's volle Kanne ins Derby", sagte Trainer Markus Kauczinski dem "NDR": "Ich verspreche, dass es ein heißes Spiel wird von beiden Seiten. Jeder weiß, was das bedeutet. Wir werden brennen auf das Spiel."
In 300 Sekunden zum Auswärtsticket
Das tun auch die Fans. Ganze 300 Sekunden hat der Verkauf der Auswärtstickets für das Spiel im Volksparkstadion gedauert - dann waren die Karten für die Pauli-Fans vergriffen. Beim HSV brach beim Kartenvorverkauf für seine Mitglieder der Server zeitweise zusammen, der Klub entschuldigte sich für die Panne.
Höchste Alarmstufe gilt am Sonntag rund um das Stadion, die Hamburger Polizei macht sich auf das Schlimmste gefasst. Wasserwerfer, Sprengstoff-Spürhunde, Pferdestaffel, Hubschrauber: Mit einem Großaufgebot soll verhindert werden, dass die Lage mit den bis zu 1000 erwarteten gewaltbereiten Fans eskaliert. Die Sicherheitsbehörden rechnen damit, dass Krawalltouristen sogar aus dem Ausland anreisen könnten.
Provokationen in der Fanszene
"Ich wünsche mir von den Zuschauern, dass der Fußball im Fokus steht und sie ihre Mannschaft unterstützen", sagte HSV-Coach Titz. Solch ein Derby könne "doch auch etwas Schönes sein. Ich hoffe nicht, dass es zu irgendwelchen hässlichen Auseinandersetzungen kommt, die in die Gewaltrichtung gehen, das hat im Fußball nichts zu suchen." Und St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig meinte bei "NDR 90,3": "Wir appellieren gemeinsam daran, dass es friedlich bleibt."
Ernsthafte Sicherheitsbedenken bleiben: Unter der Woche hatten lebensgroße braun-weiße St.-Pauli-Puppen aus Stroh für Schlagzeilen gesorgt, die mutmaßlich von HSV-Ultras mit Seilen an acht über das gesamte Stadtgebiet verteilten Brücken gehängt waren. Zuvor waren St.-Pauli-Fans in eine Lagerhalle eingedrungen und hatten eine geplante Derby-Choreographie von HSV-Anhängern zerstört.