Die "Walz von der Pfalz" wird 60
Hans-Peter Briegel stand wie kaum ein Anderer für den deutschen Fußball in den 1980er Jahren – kraftvoll und leidenschaftlich, aber technisch mit überschaubaren Qualitäten. Der Europameister von 1980 wird am Sonntag 60 Jahre alt.
Hans-Peter Briegel wurde am 11. Oktober 1955 in der Pfalz geboren – in einem Landstrich, wo ehrliche Arbeit geschätzt wurde und wo noch heute die Fans des 1. FC Kaiserslautern ihren Stars vor allem dann zujubeln, wenn am Betze der Schweißgeruch nach dem Spiel über das Spielfeld wabert. Briegel wurde in Kaiserslautern zum Idol, weil er ihrem Idealbild eines Fußballers sehr nahe kam. Als begnadeten Techniker hat man ihn in seiner Heimat nicht in Erinnerung. Vielmehr hat sich das Bild vom knallharten und kompromisslosen Verteidiger eingebrannt, der mit heruntergelassenen Stutzen die Außenlinie auf- und abpflügte – geliebt von den Fans, gefürchtet von seinen Gegenspielern. Und das, obwohl der gebürtige Kaiserslauterer bis zu seinem Karriereende auf das Tragen von Schienbeinschonern verzichtete.
Zum Fußball kam Briegel erst spät. In seiner Jugend begeisterte er sich für die Leichtathletik und wurde deutscher Jugendmeister im Weit- und Dreisprung. Nicht ganz so erfolgreich verlief sein Einstieg in den Profifußball. Erst mit 22 hatte sich der Modellathlet einen Stammplatz in der Lauterer Elf erkämpfen können, zuerst im Mittelfeld, ab und an auch als Mittelstürmer. Seine Idealposition fand der sprintstarke Kämpfer in der Verteidigung, allerdings mit dem permanenten Drang in die gegnerische Hälfte. Bis heute gehört Briegel zu den torgefährlichsten Verteidigern, die der Spitzenfußball gesehen hat. In 346 Spielen in der Bundesliga und der Serie A erzielte er 68 Tore, bis heute ist er mit 12 Toren der Europacup-Rekordtorschütze des 1. FC Kaiserslautern.
Europameister 1980
Unter Trainer Karl-Heinz Feldkamp stieg der FCK zu den Top-Adressen im deutschen Fußball auf. Die Pfälzer waren Anfang der 1980er Jahre mit Briegel, mit Friedhelm Funkel, Hannes Bongartz und dem jungen Andreas Brehme Stammgast in den Europapokalwettbewerben. Im März 1982 prügelten die Lauterer mit Hans-Peter Briegel das große Real Madrid mit 5:0 aus dem Stadion. 1980 holte er mit der deutschen Nationalmannschaft seinen größten internationalen Titel: In seinem erst achten Länderspiel stand der Pfälzer im Finale der Europameisterschaft 1980 in der Startelf, die mit 2:1 gegen Belgien die Oberhand behielt. 1982 und 1986 reichte es immerhin zum Vizeweltmeistertitel.
Der in seiner Pfälzer Heimat Verwurzelte hatte in seinen erfolgreichen Lauterer Jahren mehrere lukrative Angebote von deutschen und ausländischen Topklubs ausgeschlagen, unter anderem wollte Real Madrid das deutsche Kraftpaket in ihren Reihen sehen. Erst 1984 gab Briegel den Verlockungen des Auslands nach. Hellas Verona, eine graue Maus des italienischen Fußballs, verpflichtete den damals 28-Jährigen. Gleich im ersten Saisonspiel traf Hellas auf den SSC Neapel, Briegel schaltete den Weltstar Maradona aus und erzielte sogar einen Treffer. Die Norditaliener avancierten zur großen Überraschung der Serie A und holten in Briegels Premierensaison sensationell die erste und bis heute einzige Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Zur Krönung wurde Briegel am Jahresende in Deutschland zum 'Fußballer des Jahres 1985'.
Nach seinem Engagement bei Sampdoria Genua (1986 bis 1988) beendete Briegel mit 32 seine aktive Karriere. In den Jahren darauf folgten zumeist kurze Trainer-Engagements in Deutschland und der Türkei. Von 2002 bis 2006 trainierte der ehemalige Weltklasse-Verteidiger die albanische Nationalmannschaft, zwischen 2006 und 2007 die Auswahl Bahrains. Heute lebt das Geburtstagskind wieder in seiner pfälzischen Heimat und begleitet kritisch die Entwicklung seines FCK.
Mehr dazu:
>> Wie der deutsche Superman Italien verzückte
Ralf Amshove