Damals: Die Serie A zittert sich zur CL-Dominanz
Durch die Reform der Champions League zur Saison 1997/1998 war es erstmals möglich, dass drei Klubs aus einer Liga den Henkelpott jagen - ab 1999/2000 sind sogar bis zu vier Starter möglich. Somit konnten im Frühjahr 1998 erstmals drei Vertreter eines Landes ins Halbfinale einziehen. Ein Kunststück, das bislang viermal gelang:
Den Debütstreich lieferte in der Saison '99/'00 die spanischen Liga, in den Jahren 2006 bis 2009 folgte die englische Premier League und vor genau 15 Jahren, am 23. April 2003, machte die italienische Serie A besagtes Meisterstück perfekt.
Erst in der damals noch ausgetragenen Zwischenrunde mit vier Vierergruppen ließ der erste Vertreter der Azzurri Federn. Die AS Rom konnte nur eines von sechs Spielen gewinnen und schied als letzter der Zwischenrunden-Gruppe B aus. Während die Mailänder Spitzenklubs Inter und AC - letzterer hatte in der Vorrunde großen Anteil an der wohl schlechtesten Königsklassensaison des FC Bayern München - ohne größere Schwierigkeiten ins Viertelfinale einzogen, musste Juventus Turin lange zittern. Das bessere Torverhältnis rettete die Alte Dame allerdings im direkten Vergleich mit Deportivo La Coruna und dem FC Basel.
Drei Krimis mit Azzurri-Happy-End
Ein Drama erlebten die Turiner auch im Viertelfinale, wo Juventus den FC Barcelona zum Tanz bat. Nach einem 1:1 in Turin hatte man nicht unbedingt die besten Karten für das Rückspiel im Camp Nou. Nach 53 Minuten brachte Pavel Nedved die Azzurri mit einem feinem Dribbling, dem ein satter Rechtsschuss folgte, jedoch in Führung, das wichtige Auswärtstor prangte auf der Anzeigetafel.
Den Ausgleich erzielte Xavi, der einen Klärungsversuch von Lilian Thuram eiskalt in die Maschen hämmerte allerdings nur 13 Minuten später. Und die Waagschale schien sich endgültig zu Gunsten der Katalanen zu neigen, als Juves-Mittelfeldstratege Edgar Davids nach 79 Minuten die Gelb-Rote Karte sah.
Turin-Coach Marcello Lippi reagierte, nahm Offensivstar Alessandro Del Piero vom Grün und brachte Abwehrturm Igor Tudor ins Spiel. Ein Kniff, der aufgehen sollte. Juve erreichte die Verlängerung und bewies den längeren Atem. Mit einer Alles-oder-nichts-Grätsche rauschte Lilian Thuram nach 114 Minuten in einen Barca-Angriff und bugsierte das Leder so in den Lauf von Pavel Nedved. Der Tscheche leitete den Ball weiter zum eingewechselten Marcelo Zalayeta, der nach einem Doppelpass mit Joker Alessandro Birindelli für die Entscheidung sorgte.
Toldo-Heldentat und Handgemenge
Trotz eines Starts nach Maß musste auch Inter gegen Valencia FC zittern. Die Mailänder, die daheim mit 1:0 gewonnen hatten, gingen durch Christian Vieri im Rückspiel bereits nach fünf Minuten mit 1:0 in Führung, Pablo Aimar fand 120 Sekunden später jedoch die schnelle Antwort, Baraja (51.) drehte die Partie - Inter begann zu schwimmen.
Allein Torhüter Francesco Toldo verhinderte mit einer legendären Dreifach-Parade gegen Angulo, dessen Nachschuss und Aimar das Aus. Das anschließende Handgemenge mit Mitspieler Luigi Di Biagio, der sich zuvor nicht gedankenschnell zeigte, unterstrich die Anspannung. Inter rettete den Erfolg letztlich über die Zeit.
Zittern bis zur letzten Sekunde
Am 23. April folgte das letzte Viertelfinale mit italienischer Beteiligung und wieder mussten die Tifosi bis zum Schlusspfiff bangen.
Nach einem 0:0 in Amsterdam brachte Filippo Inzaghi Milan im Giuseppe Meazza nach 30 Minuten in Führung, den Ausgleich durch Jari Litmanen (63.) konterte Andriy Shevchenko postwendend (65.). Das Blatt wendete sich erneut, als Ajax-Offensivstar Steven Pienaar eine Kopfballablage von Zlatan Ibrahimovic über die Linie stocherte (78.), die Niederländer trennten nur noch zwölf Minuten vom Halbfinale.
Milan reagierte, warf Mann und Maus nach vorne, hatte zunächst aber wenig Glück. Shevchenko und Ambrosini scheiterten an den eigenen Nerven oder Keeper Bogdan Lobont. Als der Champagner schon beinahe entkorkt ist, folgt jedoch die letzte Verzweiflungstat des AC. Die Milan-Legenden Alessandro Nesta, Alessandro Costatacurta und Paolo Maldini lassen den Ball am eigenen Sechzehner kreiseln, ehe Maldini die Zeichen der Zeit erkennt und einen langen Ball in die Spitze drischt. Die Kugel landet bei Massimo Ambrosini, der mit dem Kopf auf Inzaghi ablegt. Inzaghi bekommt die Fußspitze an den Ball, die Bogenlampe segelt über Lobont aufs lange Eck, wo Jon Dahl Tomasson nur noch den Schlappen hinhalten muss. Milan versinkt im Jubel, Amsterdam hadert mit dem Last-Minute-Aus.
Erste Breitseite für den ungekrönten Buffon
Das grün-weiß-rote Halbfinalfeld störte lediglich der spanische Farbtupfer Real Madrid. Angeführt von Zinédine Zidane und Ronaldo setzten sich die Königlichen gegen Manchester United durch und verdarben den Red Devils den Traum vom Endspiel im heimischen Old Trafford. Im Halbfinale scheiterte Real dann allerdings an Juventus, das im reinitalienischen Finale im Elfmeterschießen gegen den AC Mailand den Kürzeren zog. Es sollte die erste von drei Finalniederlagen für Juve-Keeper Gianluigi Buffon sein. Für Ex-Bayern-Coach Carlo Ancelotti sollte es hingegen der erste von drei Triumphen als Trainer sein.
"Der Sieg als Trainer ist ebenso schön wie der als Spieler", so Ancelotti, der den Wettbewerb nach dem Sieg. Einen besonderen Grund zu feiern, hatte auch Milan-Legende Paolo Maldini: "Ich muss mich kneifen, um zu sehen, ob es wahr ist. Dass ich den Pott 13 Jahre nach meinem ersten Erfolg und 40 Jahre nach meinem Cesare Vater erneut gewinne, macht es noch magischer."
Magisch war die Champions-League-Saison 2002/2003 auch für den gesamten italienischen Fußball, der nie besser abschneiden sollte.