"Harakiri": FC Bayern geht in Barcelona baden
Ein defensiv desaströser FC Bayern hat beim schmerzhaften Wiedersehen mit Hansi Flick und Robert Lewandowski eine Fußball-Lehrstunde der bittersten Art erteilt bekommen.
Nach der 1:4 (1:3)-Klatsche beim FC Barcelona mit dem einstigen Münchner Erfolgsduo steht der Rekordmeister in der Königsklasse mit dem Rücken an der Wand. Um die K.o.-Runde als Zwischenstation auf dem Weg zum "Finale dahoam 2.0" noch erreichen zu können, müssen jetzt Siege in Serie her.
"Es gibt null Ausreden. Es gibt nur eine deutliche Niederlage", sagte Kompany bei "DAZN". Auch Joshua Kimmich meinte: "Der Spielverkauf war jetzt kein 4:1. Aber trotzdem war es eine verdiente Niederlage. Es ist teilweise Harakiri, was wir gemacht haben."
Umjubelter Matchwinner der eiskalten Flick-Elf war Kapitän Raphinha mit einem Dreierpack (1., 45., 56.). Das gelang in der Champions League gegen die Bayern zuvor nur Roy Makaay, Sergio Agüero und Cristiano Ronaldo. Auch Lewandowski (36.) traf, das Duell der Ausnahmestürmer endete nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Harry Kane (18.) 1:1.
"Ich bin sehr glücklich. Über das Spiel, über das, was wir geleistet haben", sagte Raphinha. "Das war ein Spiel wie ein Finale, etwas Besonderes - dann so zu gewinnen, gegen einen Gegner wie die Bayern, macht uns sehr zufrieden."
Nach nur drei Punkten aus drei Spielen ist die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany am 6. November gegen Benfica Lissabon zum Siegen verdammt. Flicks Barca hat sechs Zähler - und sich vom Bayern-Fluch befreit: Nach sechs Pleiten in Serie, darunter ein 2:8 gegen Flicks Bayern 2020, war es der erste Erfolg über die "Schwarze Bestie" seit Mai 2015.
"Kompakt sein, miteinander sein", forderte Sportvorstand Max Eberl vor dem Anpfiff bei DAZN. Doch schon das 1:0 für Barca lieferte ein Musterbeispiel dafür, wie Kompanys Bayern zu knacken sind: Lewandowski zog "Manndecker" Dayot Upamecano in die eigene Hälfte, hinter dem Franzosen ging ein 50 Meter tiefer Raum auf, in den Raphinha stieß. Joshua Kimmich, als Absicherung eingeplant, kam nicht hinterher und der Brasilianer vollstreckte alleine vor Manuel Neuer.
Der erste Treffer von Kane (10.) zählte nicht, weil der Engländer bei der Flanke von Thomas Müller denkbar knapp im Abseits stand. Typisch Flick: Auch Barca stand sehr hoch. "Mich wundert, dass eine Topmannschaft so viel Risiko geht, Barcelona treibt es auf die Spitze", sagte TV-Experte Michael Ballack ungläubig: "Es ist fast Harakiri." Doch es waren letztlich die Bayern, die fußballerischen Selbstmord begingen.
Zunächst traf Kane nach einem Zuspiel von Serge Gnabry. Gefährlich wurden die Gäste oft nach schnellen Verlagerungen, über außen war Flicks Elf anfällig. Doch sie passte sich schnell an. Als Neuer gegen Jungstar Lamine Yamal den Ball vertändelte, blieb das noch unbestraft (26.). Dann aber schlug Lewandowski aus elf Metern zu, ein Stoß von Fermin Lopez in den Rücken von Min-Jae Kim bei der Entstehung blieb ungeahndet.
FC Bayern zu schlampig
Beim 3:1 schlug Barca die Bayern mit deren Mittel: Eine Verlagerung nach links, Raphinha schoss den Ball durch die Beine von Upamecano ins Tor.
Auch in der zweiten Halbzeit spielten die Bayern zu schlampig. Nach dem Zwischenhoch gegen Stuttgart (4:0) zeigten sich dieselben Fehler wie in Frankfurt (3:3) oder bei Aston Villa (0:1). Nach einem Pass von Yamal war die aufgerückte Abwehr abermals entblößt und der überragende Raphinha traf erneut.
Kompany reagierte fast verzweifelt mit einem Vierfachwechsel, auch Zauberfuß Jamal Musiala gab sein Comeback nach überstandenen Hüftproblemen. Doch durch das Olympiastadion hallten bald die "Ole"-Rufe der Barca-Fans, Raphinha ging unter stehenden Ovationen (76.).