Köln-Legende wird 80 und "haut ab"
Weltmeister von 1974 und ewige Klubikone des 1. FC Köln: Wolfgang Overath wird am Freitag 80 Jahre alt und blickt auf ein "traumhaftes Leben" zurück.
Wolfgang Overaths unermüdlichem Ehrgeiz kann selbst der Zahn der Zeit nichts anhaben. Seine Freunde bekommen dies Woche für Woche knallhart zu spüren, wenn es in die Fußball-Halle geht - zum Training, wie Overath es nennt. "Manchmal bin ich so sauer und sage: 'Wir hören auf.' Aber wir spielen fast immer, bis wir gewonnen haben", erzählt der noch immer topfitte Weltmeister von 1974: "Wenn wir vorne liegen, sage ich oft: 'So, Schluss jetzt.'"
Dieser Ehrgeiz machte Overath stets aus. Er führte ihn nicht nur zum WM-Titel im Münchner Olympiastadion, er machte ihn auch zur Vereinsikone des 1. FC Köln, als deutscher Meister, Pokalsieger und Präsident "seiner" Geißböcke. Auf all das, auf ein "traumhaftes Leben", blickt Overath zurück, wenn er am Freitag 80 Jahre alt wird - und einen klaren Plan hat er für seinen Geburtstag auch schon gefasst: "Da haue ich ab."
Geburtstage sind nicht seine Sache
Geburtstage sind so gar nicht Overaths Sache. "Weil ich mir das nicht antun will, das nicht stillstehende Telefon und so weiter", sagte er im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger: "Ich habe mit 50 groß gefeiert. Ich habe zwei Stunden nur Hände geschüttelt. Das ist doch nicht der Sinn der Sache. Am 60. Geburtstag bin ich dann abgehauen, am 70. ebenfalls. Das werde ich auch am 80. so machen."
Abgetaucht ist Overath selten, Geburtstage sind da die Ausnahme. 1943 wurde er während des Zweiten Weltkriegs als jüngstes von acht Kindern geboren, die Familie hielt sich mit Müh und Not über Wasser. "Das hat mich geprägt", betonte Overath: "Und daraus entsteht dann der Wille, der Biss, das Durchsetzungsvermögen, der Ehrgeiz, das Gewinnen-Wollen, der unbedingte Wunsch, es besser zu haben im eigenen Leben."
Seine Fußballkarriere begann er 1953 beim Siegburger SV, und aus dem kleinen Jungen wurde ein Spielmacher, ein edler Techniker mit kreativem Köpfchen. Der größte Moment war dann zweifellos der Gewinn der Heim-WM 1974, als Regisseur der deutschen Auswahl neben Franz Beckenbauer und Gerd Müller. "Darüber geht nichts", sagte er dem SID einst, zu seinem damaligen Rivalen Günter Netzer hält er bis heute eine enge Freundschaft.
Overath führte den Effzeh zum ersten Bundesliga-Titel
In Köln war Overath da schon längst eine Legende. 1964 führte er den FC zur ersten Bundesliga-Meisterschaft, schoss das erste Bundesligator der Kölner überhaupt, rettete den Klub 1969 vor dem Abstieg und feierte auch zwei Triumphe im DFB-Pokal (1968, 1977). Den Verein wechselte er nie wieder, obwohl es als dreimaliger WM-Teilnehmer (1966 in England Zweiter, 1970 in Mexiko Dritter) genügend Angebote gegeben hätte.
Die Liebe zu seinem FC erlosch aber nie. Selbst seine unglückliche und im Streit beendete Zeit als Präsident (2004 bis 2011) änderte daran nichts, auch wenn Overath nach seinem Rücktritt erst 2017 wieder ein Heimspiel der Kölner im Stadion verfolgte. "Das war und ist mein Klub", sagt er: "Immer."
An Beschäftigungen hatte es der "ewigen Nummer 10" nach dem Karriereende 1977 ohnehin nie gemangelt. Schon in jungen Jahren hatte er an seinem Immobilien-Imperium gebaut, das ihn auch heute noch auf Trab hält, dazu schob er soziale Projekte an. Zwei Mehrfamilien-Häuser ließ Overath für Obdachlose bauen, bis heute lädt er Bedürftige zu einem jährlichen Weihnachtsessen ein.
All dies macht Overath zu einem zufriedenen Menschen. "Ich bin gesund. Ich habe viele gute Freunde und eine wunderbare Familie", sagt der gläubige Christ, mit Ehefrau Karin ist er seit 57 Jahren verheiratet und hat drei Kinder: "Gott hat es offenbar sehr gut mit mir gemeint. Ich bin zutiefst dankbar."